Bild und Poesie - Beispiele

"Häufig gibt es Assoziationen zur Literatur, meistens zur Lyrik. In den Malprozess beziehe ich manchmal Verse, einfache Wörter, kurze Sätze, gängige Redewendungen ein, die sich im Zusammenhang mit dem Bild „verdichten“ können.

Es ist ein Spiel mit zufälligen und gesteuerten Kombinationen von Bild und Text."

 

vgl. Text zum Arbeitsprozess

 Jo­han­nes Bob­rows­ki

 

Immer zu benennen

 

Im­mer zu be­nen­nen:

den Baum, den Vo­gel im Flug,

den röt­li­chen Fels, wo der Strom

zieht, grün, und den Fisch

im wei­ßen Rauch, wenn es dun­kelt

über die Wäl­der he­rab.

 

Zei­chen, Far­ben, es ist

ein Spiel, ich bin be­denk­lich,

es möch­te nicht en­den

ge­recht.

 

Und wer lehrt mich,

was ich ver­gaß: der Stei­ne

Schlaf, den Schlaf

der Vö­gel im Flug, der Bäu­me

Schlaf, im Dun­kel

geht ihre Rede -?

 

Wär da ein Gott

und im Fleisch,

und könn­te mich ru­fen, ich würd

um­her­gehn, ich würd

war­ten ein we­nig.

 

... immer zu benennen

... Zeichen, Farben, es ist ein Spiel, ich bin bedenklich, es möchte nicht enden gerecht

 

... immer zu benennen

... was ich vergaß, der Steine Schlaf, den Schlaf der Vögel im Flug, der Bäume Schlaf

... immer zu benennen

... den Baum, den Vogel im Flug, den rötlichen Fels, wo der Strom zieht, grün und den Fisch im weißen Rauch




 In deinem Schatten brechen Wolken mein Herz

 

 

 

 Kenno Eifelt

 

In deinem Schatten

 

In deinem Schatten

dreht sich die Erde schneller

verlangsamt sich der Rhythmus der Nacht

 

In deinem Schatten

lässt mich die Sonne Blüten träumen

 

In deinem Schatten

brechen Wolken mein Herz

In deinem Schatten verwelke ich

 

In deinem Schatten blühe ich auf

vielleicht beim nächsten Mal

 

 

In deinem Schatten dreht sich die Erde schneller




Die Luft 

riecht schon nach Schnee

Sarah Kirsch

 

Die Luft riecht schon nach Schnee

 

Mein Geliebter

Trägt langes Haar, ach der Winter, der Winter der uns
Eng zusammenwirft steht vor der Tür, kommt
Mit dem Windhundgespann. Eisblumen
Streut er ans Fenster, die Kohlen glühen im Herd, und
Du Schönster Schneeweißer legst mir deinen Kopf in den Schoß
Ich sage das ist
Der Schlitten der nicht mehr hält, Schnee fällt uns
Mitten ins Herz, er glüht
Auf den Aschekübeln im Hof Darling flüstert die Amsel.

Mein Geliebter trägt langes Haar ...          Darling, flüstert die Amsel ... (I)

Der Schlitten, der nicht mehr hält ...         Darling flüstert die Amsel ... (II)

 

 



Die Rosen der Luft blühen auf (I und II)

 

 

Karl Krolow

 

Der Augenblick des Fenster

Jemand schüttet Licht
Aus dem Fenster.
Die Rosen der Luft
Blühen auf
Und in der Straße
Heben die Kinder beim Spiel
Die Augen.
Tauben naschen
Von seiner Süße.
Die Mädchen werden schön
Und die Männer sanft
Von diesem Licht.
Aber ehe es ihnen die anderen sagen,
Ist das Fenster von jemandem
Wieder geschlossen worden.
(Karl Krolow)

Tauben naschen ...                                      ... wieder geschlossen ...